Diagnose: Hilfe oder Hindernis?

Ist eine Diagnose mehr eine Hilfe, oder hindert sie uns daran, wieder in unsere Selbstwirksamkeit zu finden.
Diagnose helfen oder helfen nicht?

Eine Diagnose kann für viele Menschen ein Wegweiser sein. Sie hilft, ein Leiden zu benennen, die Ursache zu verstehen und hoffentlich eine passende Therapie zu finden. Doch so hilfreich eine Diagnose sein kann, sie birgt auch Risiken, die uns daran hindern können, uns weiterzuentwickeln. Dieses zweischneidige Schwert wollen wir näher beleuchten, denn eine Diagnose kann helfen oder zum unüberwindbaren Hindernis werden.

Wofür eine Diagnose hilfreich sein kann

Eine Diagnose erfüllt mehrere wichtige Funktionen, die im Therapiekontext oder der Bewältigung von Beschwerden unverzichtbar sein können:

  1. Klarheit schaffen
    Viele Menschen leiden unter Symptomen, ohne zu wissen, woher diese kommen. Eine Diagnose gibt dem Unbekannten einen Namen und schafft Ordnung im Chaos. Hier ist eine Diagnose eine Hilfe.
  2. Zugang zu Therapie und Unterstützung
    Nur mit einer klaren Diagnose können bestimmte Therapien, medizinische Leistungen oder finanzielle Unterstützung in Anspruch genommen werden. Auch hier ist es hilfreich eine geeignete Diagnose zu bekommen.
  3. Besseres Verständnis
    Eine Diagnose ermöglicht es, sich über die Ursachen und Mechanismen der Beschwerden zu informieren. Dies kann den Umgang mit der Situation erleichtern.
  4. Austausch mit Betroffenen
    Eine Diagnose verbindet Menschen mit ähnlichen Erfahrungen. Betroffene können in Selbsthilfegruppen oder Communities Unterstützung finden.
  5. Entlastung von Schuldgefühlen
    Viele Menschen fühlen sich für ihre Beschwerden verantwortlich. Eine Diagnose zeigt oft auf, dass die Ursachen komplexer sind, als sie denken, und hilft, diese Schuldgefühle zu reduzieren.

Die Schattenseite der Diagnose

So wertvoll eine Diagnose sein kann, sie hat auch ihre Tücken. In manchen Fällen wird die Diagnose zur Last und hindert Menschen daran, ihr Leben aktiv zu verändern.

  1. Identifikation mit der Diagnose
    Manche Menschen nehmen ihre Diagnose als festen Bestandteil ihrer Identität an. Statt die Diagnose als Beschreibung eines Zustands zu sehen, der sich bei Möglichkeit verändern kann, wird sie zu einem Etikett, das ihr Leben bestimmt.
  2. Selbstbegrenzung
    Wenn wir glauben, dass eine Diagnose unveränderlich ist, nehmen wir uns selbst die Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln. Negative Glaubenssätze wie „Ich bin eben krank“ oder „Das wird nie besser“ können die Selbstheilungskräfte blockieren.
  3. Nocebo-Effekt
    Eine Diagnose kann auch negative Erwartungen erzeugen, die sich selbst erfüllen. Wenn eine Person beispielsweise hört, dass ihre Beschwerden unheilbar sind, kann dies ihre Hoffnung und Motivation erheblich beeinträchtigen.
  4. Stigmatisierung
    Diagnosen können stigmatisierend wirken. Menschen fühlen sich in Schubladen gesteckt und von anderen auf ihre Diagnose reduziert.
  5. Komplexität des Individuums wird übersehen
    Menschen sind mehr als ihre Symptome. Eine Diagnose kann die Tendenz verstärken, komplexe Persönlichkeiten auf eine einzige Beschreibung zu reduzieren, was der Realität nicht gerecht wird.
  6. Falsche Diagnose
    Eine Diagnose darf kritisch beäugt und hinterfragt werden. Nicht immer ist eine Diagnose korrekt und umfasst das gesamte Krankheitsbild. Einige Symptome überschneiden sich mit anderen Erkrankungen.

Diagnosen sind keine unveränderlichen Urteile

Ein entscheidender Punkt: Viele Diagnosen sind nicht in Stein gemeißelt. Sie sind Momentaufnahmen, die sich im Laufe der Zeit und durch Therapiearbeit verändern können. Besonders in Bereichen wie Psychologie oder psychosomatischer Medizin zeigt sich immer wieder, wie flexibel der menschliche Geist und Körper sind.

Beispiele für veränderbare Diagnosen:

  • Psychische Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen können durch Therapie und Lebensveränderungen gelindert oder sogar überwunden werden.
  • Chronische Schmerzen können durch gezielte Behandlungsansätze und bewegungstherapeutische Maßnahmen verschwinden oder sich reduzieren.
  • Autoimmunerkrankungen können durch einen ganzheitlichen Ansatz in Remission gehen.

Hier kommt auch das Phänomen von Placebo und Nocebo ins Spiel:

  • Placebo: Positive Erwartungen an eine Therapie können dazu führen, dass sich die Symptome bessern, selbst wenn keine spezifische Wirkstoffbehandlung erfolgt.
  • Nocebo: Negative Überzeugungen können den Zustand verschlechtern, auch wenn keine physische Verschlimmerung vorliegt.

Diagnosen als Werkzeuge, nicht als Etiketten

Eine Diagnose sollte immer als Werkzeug betrachtet werden – als ein erster Schritt, nicht als endgültiges Urteil. Sie hilft, den Weg zu ebnen, doch der Verlauf dieses Weges ist individuell und von vielen Faktoren abhängig.

Wie du deine Diagnose als Chance nutzen kannst:

  1. Bleibe neugierig: Frage dich immer, welche Möglichkeiten dir offenstehen, unabhängig von der Diagnose.
  2. Setze dir Ziele: Eine Diagnose bedeutet nicht, dass du deine Träume aufgeben musst. Überlege, was du trotz (oder gerade wegen) deiner Situation erreichen möchtest.
  3. Nutze die Kraft des Glaubens: Stärke deine Selbstheilungskräfte, indem du positive Erwartungen und Glaubenssätze entwickelst.
  4. Hinterfrage Schubladendenken: Menschen sind komplexer, als es eine Diagnose je ausdrücken könnte. Du bist mehr als ein medizinischer Begriff.

Fazit: Das Schwert der Diagnose bewusst führen, um zu helfen und nicht zu behindern

Eine Diagnose ist ein mächtiges Werkzeug, das dir Klarheit und Orientierung bieten kann. Doch sie birgt auch Gefahren, wenn sie zu einer Einschränkung oder Selbstbegrenzung wird. Indem du dich bewusst mit den Chancen und Risiken einer Diagnose auseinandersetzt, kannst du ihre Kraft für dich nutzen, ohne dich von ihr bestimmen zu lassen. Dann ist eine Diagnose eine Hilfe und kein Hindernis.

Erinnere dich daran: Du bist kein starres Konstrukt, sondern ein dynamisches, wandelbares Wesen. Deine Selbstheilungskräfte und deine Fähigkeit, dein Leben zu verändern, sind stärker, als du vielleicht glaubst.

Links zu weitere Informationen:

  • Diagnostik – Hier
  • Diagnoseschlüssel ICD-Code – Hier
  • Erstanamnese / Erstgespräch in meiner Praxis – Hier

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